Jeder kennt es: Du fragst den Hiring Manager, wie wichtig es ist, eine Position zu besetzen, und fast immer lautet die Antwort: „Priorität 1 – sehr wichtig!“

 

In der Realität sieht es jedoch oft anders aus. Feedback lässt auf sich warten, zeitnahe Interviewtermine bleiben aus und selbst nachdem ein guter Match gefunden wurde, möchte die Fachabteilung weitere Kandidaten sehen.

 

Deshalb sage ich: Prioritäten sind keine Einbahnstraße! Recruiting auf Priorität 1 kann nur funktionieren, wenn auch der Hiring Manager das Recruiting zur obersten Priorität macht – oder es zumindest unter die Top 3 setzt. Das bedeutet konkret, dass wir als interne Recruiter auch Erwartungen setzen müssen.

 

Im Folgenden habe ich dir ein Beispielkonstrukt zusammengestellt, wie dies aussehen könnte:

 

Priorität 1: Ziel – Der Prozess dauert 2 Wochen

Leistungen der HR:

  • Screening der Bewerbungseingänge am gleichen Werktag
  • Active Sourcing (zwei Stunden täglich in der ersten Woche, danach eine Stunde täglich)
  • Pre-Screening-Calls innerhalb von 48 Stunden
  • Einsatz von Personaldienstleistern
  • Komplette Begleitung des Interviewprozesses
  • Wöchentliche Jour Fixes

Erwartungen an die Fachabteilung:

  • Feedback auf Lebensläufe innerhalb von 24 Stunden
  • Verfügbarkeit von Interview-Slots innerhalb der nächsten drei Werktage (ideal wäre eine Blockung, z.B. jeden Dienstag und Donnerstag um 16 Uhr)
  • Feedback nach Interviews innerhalb von 24 Stunden
  • Sicherstellung von Urlaubs- und Krankheitsvertretungen
  • Alle beteiligten Interviewpartner sind definiert und angewiesen, schnell zu handeln
  • Wöchentliche Jour Fixes

Priorität 2: Ziel – Der Prozess dauert 3 Wochen

Leistungen der HR:

  • Screening der Bewerbungseingänge spätestens am nächsten Werktag
  • Active Sourcing (eine Stunde täglich)
  • Pre-Screening-Calls innerhalb von 72 Stunden
  • Begleitung des ersten Interviews
  • Wöchentliche Jour Fixes

Erwartungen an die Fachabteilung:

  • Feedback auf Lebensläufe innerhalb von 48 Stunden
  • Verfügbarkeit von Interview-Slots innerhalb der nächsten vier Werktage
  • Feedback nach Interviews innerhalb von 24 Stunden
  • Sicherstellung von Urlaubs- und Krankheitsvertretungen
  • Alle beteiligten Interviewpartner sind definiert und angewiesen, schnell zu handeln
  • Wöchentliche Jour Fixes

Priorität 3: Ziel – Der Prozess dauert 4 Wochen

Leistungen der HR:

  • Screening der Bewerbungseingänge innerhalb von 48 Stunden
  • Active Sourcing (eine Stunde täglich in der ersten Woche, danach 2-3 Stunden pro Woche)
  • Pre-Screening-Calls innerhalb von fünf Werktagen
  • Begleitung des ersten Interviews
  • Jour Fixes alle zwei Wochen

Erwartungen an die Fachabteilung:

  • Feedback auf Lebensläufe innerhalb von 72 Stunden
  • Verfügbarkeit von Interview-Slots innerhalb der nächsten sieben Werktage
  • Feedback nach Interviews innerhalb von 48 Stunden
  • Sicherstellung, dass alle beteiligten Interviewpartner definiert sind
  • Jour Fixes alle zwei Wochen

Priorität 4: Ziel – Der Prozess dauert 6 Wochen (nicht empfehlenswert)

Leistungen der HR:

  • Screening der Bewerbungseingänge innerhalb von 72 Stunden
  • Active Sourcing, wenn zeitlich möglich
  • Keine Pre-Screening-Calls
  • Begleitung des ersten Interviews
  • Jour Fixes alle zwei Wochen

Erwartungen an die Fachabteilung:

  • Feedback auf Lebensläufe innerhalb von fünf Werktagen
  • Verfügbarkeit von Interview-Slots innerhalb der nächsten zehn Werktage
  • Feedback nach Interviews innerhalb von 48 Stunden
  • Sicherstellung, dass alle beteiligten Interviewpartner definiert sind
  • Jour Fixes alle zwei Wochen

Priorität 5: Ziel – Man möchte lediglich sehen, was der Markt bietet

  • Keine Ressourcen aus der HR werden bereitgestellt

Bitte beachte, dass es sich hierbei nur um ein Beispiel handelt. Je nach Prozess, Verantwortlichkeiten und verfügbaren Ressourcen müssen individuelle Anpassungen vorgenommen werden.

 

Warum bin ich überzeugt, dass du mit dieser Methode Erfolg haben wirst? Oft wird vergessen, dass Recruiting ein Teamsport ist. Ein Recruiter stellt niemanden alleine ein. Es ist nicht unsere alleinige Verantwortung, jemanden einzustellen. Dennoch lassen sich Recruiter oft von vermeintlichen Priorität-1-Stellen dazu verleiten, ihre wertvolle Zeit in die „falschen“ Themen zu investieren. So definieren wir von Anfang an, was Prioritäten bedeuten, und können diese in der Realität auch anpassen.

 

Daher muss klar sein: Auch die Hiring Manager müssen liefern. Mit einem transparenten Prioritätensystem schaffen wir gutes Erwartungsmanagement, und die Hiring Manager wissen genau, was von ihnen erwartet wird. Denn nur wenn alle an einem Strang ziehen, können wir gemeinsam Rekrutierungserfolge erzielen.

 

Es ist ebenfalls wichtig zu überprüfen, ob die Erwartungen erfüllt werden.

 

Was passiert, wenn Hiring Manager ihre zugesagte Leistung nicht erbringen? Feedback ist entscheidend. Hiring Manager müssen erfahren, wenn sie ihr Recruiting nicht mit der entsprechenden Priorität behandeln.

 

Spätestens nach drei Feedbackrunden sollte die Stelle entsprechend der tatsächlichen Priorität angepasst werden. Beispiel: Die Fachabteilung gibt an, es sei eine Priorität-1-Stelle, aber das Feedback dauert fünf Werktage. Dann verhält sich die Fachabteilung eindeutig wie bei einer Priorität-3-Stelle, und wir sollten dies entsprechend behandeln.

 

Sei ein Sparringspartner der Fachabteilung. Der Austausch sollte immer auf Augenhöhe stattfinden – nicht belehrend, sondern offen, transparent und ehrlich. Eine gewisse Toleranz für Abweichungen sollte ebenfalls vorhanden sein.

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